1. Allgemeine Informationen
Feuerbrand (Erwinia amylovora) ist eine hochinfektiöse bakterielle Pflanzenkrankheit, die weltweit Kernobstbäume wie Apfel (Malus domestica) und Birne (Pyrus communis) sowie verschiedene Zier- und Wildgehölze befällt. Die Erkrankung kann massive wirtschaftliche Schäden verursachen, insbesondere in Obstplantagen.
Der Erreger gehört zur Familie der Enterobacteriaceae und ist ein gramnegatives, stäbchenförmiges Bakterium. Feuerbrand ist eine Quarantänekrankheit, die in vielen Ländern meldepflichtig ist.
2. Wirtspflanzen
Feuerbrand befällt hauptsächlich Pflanzen aus der Familie der Rosaceae. Dazu gehören:
- Kernobstbäume: Apfel, Birne, Quitte
- Ziergehölze: Cotoneaster, Feuerdorn (Pyracantha), Weißdorn (Crataegus), Mispel (Mespilus), Eberesche (Sorbus)
- Wildgehölze: Verschiedene Wildapfel- und Wildbirnenarten
Nicht befallen werden Steinobstbäume wie Kirsche oder Pflaume.
3. Ursachen und Übertragung
Feuerbrand breitet sich hauptsächlich durch folgende Faktoren aus:
✅ Insekten: Bestäuber wie Bienen und Schwebfliegen tragen die Bakterien beim Besuch von Blüten weiter.
✅ Regen und Wind: Spritzwasser und Windböen können infizierte Tröpfchen verteilen.
✅ Kontaminierte Werkzeuge: Schnittwerkzeuge, die an infizierten Bäumen verwendet wurden, können die Krankheit verbreiten.
✅ Infiziertes Pflanzenmaterial: Stecklinge oder Setzlinge aus befallenen Beständen können die Krankheit einschleppen.
Die Bakterien überwintern in infizierten Rindenbereichen und werden im Frühjahr mit steigenden Temperaturen wieder aktiv.
4. Symptome
Die Symptome von Feuerbrand treten in mehreren Stadien auf:
Blütenbefall (Blütenwelke)
- Infizierte Blüten verwelken plötzlich, werden braun bis schwarz und bleiben an den Zweigen hängen.
- Die Infektion breitet sich von den Blüten in die angrenzenden Triebe aus.
Trieb- und Zweigbefall (Triebsterben)
- Junge Triebe krümmen sich hakenförmig (sog. Hirtenstab-Symptom).
- Blätter und Rinde verfärben sich dunkelbraun bis schwarz, als wären sie verbrannt.
- Infizierte Triebe sterben ab, während die abgestorbenen Blätter und Blüten lange am Baum haften bleiben.
Rinden- und Stammkrebs (Bakterienkrebs)
- In späteren Stadien entstehen eingesunkene, braunrote Läsionen in der Rinde.
- An den Rändern dieser Läsionen tritt ein bakterienhaltiges, klebriges Exsudat (Bakterienschleim) aus.
- Im fortgeschrittenen Stadium können ganze Äste oder der Hauptstamm absterben.
Bakterienschleim
- Ein milchig-weißes bis bernsteinfarbenes Exsudat tritt aus Rindenrissen oder Blattstielen aus.
- Dieser Schleim enthält massenhaft Bakterien und dient als Hauptübertragungsquelle der Krankheit.
5. Diagnose und Verwechslungsmöglichkeiten
Die Diagnose von Feuerbrand erfolgt durch eine Kombination aus:
🔎 Visueller Inspektion: Typische schwarze Blattränder, Hirtenstab-Symptom, Rindennekrosen.
🔎 Mikroskopische Untersuchung: Das Bakterium ist gramnegativ und stäbchenförmig.
🔎 Schnelltests: Serologische Nachweise (z. B. ELISA) oder molekulare Methoden wie PCR.
Verwechslungsmöglichkeiten:
- Blitzschäden: Lokales Absterben von Ästen, aber ohne bakteriellen Schleim.
- Frostschäden: Braune Blätter, aber kein Schleimaustritt.
- Pilzkrankheiten (z. B. Monilia-Spitzendürre): Ähnliche Welke, aber Pilzsporen auf den Trieben.
6. Bekämpfung und Vorbeugung
Chemische Bekämpfung
Der Einsatz von Antibiotika (z. B. Streptomycin) ist in Europa nicht erlaubt. Pflanzenschutzmittel wie Kupferpräparate können die Ausbreitung reduzieren, haben aber keine heilende Wirkung.
Mechanische Bekämpfung (Schnittmaßnahmen)
✂ Infizierte Triebe entfernen:
- Mindestens 30–50 cm unterhalb der befallenen Stelle abschneiden.
- Schnittwerkzeuge nach jedem Schnitt mit 70%igem Alkohol oder Natriumhypochlorit desinfizieren.
✂ Befallene Äste und Pflanzen vernichten:
- Befallene Pflanzenteile sofort verbrennen oder sicher entsorgen.
- Keine Kompostierung, da das Bakterium im Pflanzenmaterial überleben kann.
Kulturelle Maßnahmen zur Vorbeugung
✅ Widerstandsfähige Sorten pflanzen (z. B. ‘Florina’ bei Apfelbäumen).
✅ Befallene Blüten und Triebe im Frühstadium entfernen.
✅ Regelmäßige Kontrolle in der Blütezeit und im Sommer.
✅ Keine übermäßige Stickstoffdüngung, da weiches Gewebe anfälliger für Infektionen ist.
Biologische Bekämpfung
🚜 Einige antagonistische Bakterienstämme (z. B. Pseudomonas fluorescens) können als biologische Bekämpfungsmittel eingesetzt werden.
7. Gesetzliche Vorschriften und Meldepflicht
In Deutschland, Österreich und der Schweiz besteht eine Meldepflicht für Feuerbrand.
- Obstbauern und Gartenbesitzer sind verpflichtet, verdächtige Fälle den zuständigen Pflanzenschutzbehörden zu melden.
- In vielen Regionen gibt es Quarantänemaßnahmen, um die Ausbreitung zu verhindern.
8. Fazit
Feuerbrand ist eine gefährliche bakterielle Baumkrankheit, die durch Schnittmaßnahmen, resistente Sorten und gute Hygiene eingedämmt werden kann. Eine frühzeitige Erkennung ist entscheidend, um wirtschaftliche Verluste und eine weitere Verbreitung zu verhindern.